Es klingt verlockend: Mit Ganzjahresreifen sparen Sie sich Räderwechsel und Doppelbereifung. Doch ist das die bessere Alternative? Hier erfahren Sie,
- wie sich ein Alljahresreifen von Sommer- und Winterreifen unterscheidet,
- was Sie in puncto Gesetz und Versicherung beachten sollten und
- ob sich die Anschaffung von Allwetterreifen in der Schweiz lohnt.
Um zu verstehen, was Allwetter- bzw. Alljahresreifen (in der Schweiz häufig auch als Ganzjahresreifen bezeichnet) ausmacht, schauen wir uns zunächst einmal die Reifen an, welche das Kompromissprodukt ersetzen soll ‒ nämlich Sommer- und Winterreifen.
Sommerreifen sind auf wärmere Temperaturen ausgelegt. Sie verfügen über eine härtere Gummimischung als Winterreifen, die Profilblöcke sind grösser und weniger tief. Diese Eigenschaften wirken sich im Sommer positiv auf die Haftung, das Handling und die Bremsleistung aus. Sommerreifen verbrauchen dann in der Regel auch weniger Kraftstoff und erzeugen weniger Lärm.
Fallen die Temperaturen unter 7 Grad Celsius, beginnt die Gummimischung der Sommerreifen zu verhärten: Sie verlieren an Elastizität und Wirksamkeit. Dann ist es an der Zeit, das Auto für die dunkle Jahreszeit fit zu machen und Winterreifen zu montieren. Diese bestehen aus einer weicheren Gummimischung, breiteren und tieferen Profilrinnen sowie vielen Lamellen, die nicht nur bei nasser Fahrbahn, sondern auch bei Schnee und Eis für den nötigen Grip sorgen. Winterreifen lassen sich an einem Bergpiktogramm mit Schneeflocke (Alpine-Symbol) und/oder an der Kennzeichnung «M+S» (Abkürzung für Matsch und Schnee) erkennen.
Damit beide Reifenarten optimal funktionieren, ist es wichtig, die Profiltiefe und den allgemeinen Zustand im Auge zu behalten: Der Touring Club Schweiz (TCS) rät bei Sommerreifen zu einer Mindestprofiltiefe von 3 Millimetern, bei Winterreifen zu 4 Millimetern. Je nach Saison orientiert sich daran auch die empfohlene Profiltiefe bei Alljahresreifen. Gesetzlich vorgeschrieben ist dagegen bei allen Reifen ein Minimum von 1,6 Millimetern.
Ein grosser Nachteil von Sommer- und Winterreifen ist der damit verbundene Wechsel: Der Merkspruch «Von O bis O» (von Oktober bis Ostern) zeigt die Zeit an, in welcher ‒ in entsprechenden Regionen ‒ Winterreifen zum Einsatz kommen sollten. Doch nicht nur der Reifen- bzw. Räderwechsel kostet Zeit und Geld, auch die Doppelbereifung hat ihren Preis. Darum überlegen immer mehr Menschen in der Schweiz, ob sie nicht auf Allwetterreifen umsteigen sollten.
Der Name sagt es schon: Mit Allwetter-, Alljahres- oder Ganzjahresreifen können Sie das ganze Jahr über bei jedem Wetter fahren. Der lästige Reifenwechsel entfällt damit. Das macht Ganzjahresreifen auch in der Schweiz auf den ersten Blick attraktiv. Bei Allwetterreifen ist die Gummimischung etwas weicher als bei Sommerreifen, damit sie auf Schnee und Eis besser haften. In puncto Längsrillen und Lamellen stellen sie eine Art Mischung zwischen Sommer- und Winterreifen dar.
Das bedeutet einerseits, dass Sie mit Alljahresreifen im Winter sicherer unterwegs sind als mit Sommerpneus und im Sommer bessere Fahreigenschaften erwarten können, als wenn Sie Winterreifen montiert haben. Es heisst andererseits aber auch, dass auf Temperaturen und Witterungsverhältnisse zugeschnittene Reifen den Alljahresmodellen in puncto Leistung stets überlegen sind. Tests von Ganzjahresreifen, wie etwa der des TCS, zeigen deren Schwächen auf.
Zwar ist die Entwicklung konkurrenzfähiger Produkte in vollem Gange, was sich positiv auf Qualität und Leistung auswirkt. Aber es wird wohl noch lange dauern, bis sich Allwetterpneus mit ihren saisonalen Pendants auf Augenhöhe befinden.
Wer darüber nachdenkt, welche Reifen die richtigen sind, stellt sich auch die Frage, ob Ganzjahresreifen in der Schweiz überhaupt erlaubt sind. Abgesehen von der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestprofiltiefe gibt es bezüglich der Art der Bereifung von Fahrzeugen in der Schweiz keine spezielle Vorschrift. So ist es – anders als zum Beispiel in einigen Nachbarländern ‒ nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass ein Auto etwa bei winterlichen Strassenverhältnissen zwingend mit Winterreifen unterwegs sein muss. Kurzum: In der Schweiz gibt es keine allgemeine Winterreifenpflicht.
Allerdings heisst es in Artikel 29 des Strassenverkehrsgesetzes, dass «Fahrzeuge nur in betriebssicherem und vorschriftsgemässem Zustand verkehren» dürfen. Zudem sieht der Artikel 31 vor: «Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.» Zum Thema Winterdienst auf Nationalstrassen empfiehlt das Bundesamt für Strassen ASTRA daher allen Autofahrenden «wintertaugliche Reifen mit einer Profiltiefe von mindestens 4 Millimeter», wenngleich es «ein auf eine bestimmte Zeitdauer festgelegtes Winterreifenobligatorium für die Schweiz als ein untaugliches Mittel» einstuft.
Daraus lässt sich ableiten, dass Allwetterreifen bzw. Ganzjahresreifen in der Schweiz generell ebenso erlaubt sind wie Sommer- und Winterreifen. Heikel kann es allerdings werden, wenn es mit einer den Witterungsverhältnissen unangebrachten Bereifung zu einem Unfall kommt. Hier kann es je nach Auslegung der Gesetze auch zu Strafen kommen, wenn sich der Unfall zum Beispiel durch die Nutzung von ordnungsgemässen Winterreifen hätte verhindern lassen.
Wie bereits angedeutet, kann eine unzureichende Bereifung bei Unfällen rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Darum fragen sich viele verständlicherweise, ob ihnen durch die Nutzung von Allwetterreifen in der Schweiz Nachteile beim Versicherungsschutz entstehen könnten.
Die gute Nachricht ist: Die Autohaftpflichtversicherung, die für Sach- und Personenschäden bei Dritten aufkommt, greift auch, wenn Sie mit Alljahresreifen fahren. Teil- und Vollkaskoversicherung übernehmen Schäden an Ihrem eigenen Fahrzeug. Haben Sie zum Beispiel bei der Baloise Autoversicherung die Zusatzdeckung Assistance gewählt, können Sie bei einem beschädigten Reifen auf unsere Pannenhilfe zählen.
Damit aber beispielsweise die Vollkaskoversicherung die Schadenkosten in voller Höhe übernimmt, ist es – wie bei allen Reifen ‒ wichtig, dass die Alljahresreifen zulässig und in ordnungsgemässem Zustand sind (Stichwort Mindestprofiltiefe). So müssen diese unter anderem bei winterlichen Strassenverhältnissen über das Alpine-Symbol oder eine «M+S»-Kennzeichnung verfügen.
Kommen Polizei und/oder Versicherung bei einem Unfall zu dem Schluss, dass dieser (auch) aufgrund der mangelhaften Bereifung zustande gekommen ist, kann es sein, dass die Versicherung den Unfallverursachenden etwa wegen grober Fahrlässigkeit in Regress nimmt und nicht die volle Schadenssumme erstattet.
Ob Sie sich in der Schweiz Allwetterreifen anschaffen sollten, lässt sich nicht mit einem einfachen «Ja» oder «Nein» beantworten. Tatsache ist, dass Sie derzeit mit auf die jeweilige Saison spezialisierten Reifen sicherer fahren. Das gilt vor allem für extreme Witterungsverhältnisse. Sind Sie ganzjährig viel mit dem Auto und dabei auch in höheren Lagen unterwegs, sollten Sie insbesondere in der kalten Jahreshälfte auf bewährte Winterreifen setzen.
Wohnen Sie hingegen im Flachland, fahren nur selten, überwiegend Kurzstrecken oder hauptsächlich innerorts, können Ganzjahresreifen auch in der Schweiz eine günstige Alternative zu herkömmlichen Reifen darstellen. Das gilt zum Beispiel auch für Zweitwagen. Wichtig ist dann aber, dass Sie Ihre Fahrweise anpassen: So haben die meisten Alljahresreifen unter anderem einen längeren Bremsweg als Sommer- oder Winterreifen. Darüber hinaus sollten Sie bei starken winterlichen Strassenverhältnissen das Auto sowieso besser stehen lassen und ggf. auf andere Verkehrsmittel zurückgreifen.
Wenn Sie sich für Alljahresreifen entscheiden, sollten Sie auf jeden Fall zu hochwertigen Produkten namhafter Hersteller greifen. Informieren Sie sich vorab über neutrale Tests, berücksichtigen Sie Ihren individuellen Einsatzzweck und lassen Sie sich im Reifenhandel ausführlich beraten.
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