Die steigende Rezessionsgefahr und der Mangel an Diversifikationsmöglichkeiten schaffen auch in den nächsten Monaten ein anspruchsvolles Umfeld für Anleger.
In den ersten drei Quartalen 2022 hat der Weltaktienindex um über 26% an Wert verloren. Auch bei den sonst weniger volatilen Obligationen mussten Anleger aufgrund der Zinsanstiege starke Kursrückgänge verbuchen. So gab es 2022 kaum eine Möglichkeit zur Diversifikation zwischen Aktien und Obligationen:
Keine Erholung in Sicht
Die Teuerung bleibt weltweit hartnäckig hoch. So haben zum Beispiel 11 der 19 Euroraum-Länder mittlerweile zweistellige Teuerungsraten. Das zwingt die Zentralbanken, die Zinsen weiter anzuheben. Und spätestens seit dem Zentralbankentreffen in Jackson Hole im August 2022 ist klar, dass die Notenbanken in erster Linie die Inflation in Griff bekommen wollen, auch wenn dies das Wirtschaftswachstum abwürgen könnte.
Die Risiken einer globalen Rezession nehmen zu. Das Stichwort «Rezession» wurde in den Sommermonaten so häufig über Google nachgeschaut wie zuletzt zu Beginn der Pandemie (Grafik 2, links). Auch Finanzexperten schätzen die Wahrscheinlichkeit einer Rezession immer höher ein. Eine Umfrage von Bloomberg zeigt, dass Analysten die Wahrscheinlichkeit einer Rezession im Euroraum in den nächsten zwölf Monaten bei 75% einstufen (Grafik 2, rechts).
Die amerikanische Wirtschaft zeigt sich derzeit noch etwas robuster und ist deutlich weniger von der Energiekrise und vom Krieg in der Ukraine betroffen als die Eurozone. Entsprechend wird hier die Rezessionsgefahr tiefer eingeschätzt.
Aussichten für die nächsten Monate
Angesichts der Vielzahl von Marktrisiken erwarten wir für die kommenden Monate keine Trendwende an den Aktienmärkten. Das Umfeld dürfte anspruchsvoll bleiben und geprägt von erhöhter Volatilität sein. Geben historische Rezessionsphasen Anhaltspunkte zu einer möglichen weiteren Börsenentwicklung?
Rezessionen oder andere starke Marktkorrekturphasen hatten meist unterschiedliche Auslöser und regionale Ausprägungen. Wir werfen den Blick zurück im Sinne des scharfsinnigen amerikanischen Schriftsteller Mark Twain, welcher sagte: "Geschichte wiederholt sich nie, aber sie reimt sich oft".
Der amerikanische S&P 500 Index zum Beispiel hat in Bärenmarktphasen seit 1970 im Schnitt rund 34% an Wert verloren. Das sind zehn Prozentpunkte mehr als die diesjährigen Verluste. Historisch gesehen waren die höchsten Verluste während weltweiten Wirtschaftseinbrüchen wie dem Ende der Dotcom-Blase oder der Finanzkrise zu verzeichnen. In gewissen Regionen, z.B. Schweiz oder Schwellenländer, haben die Börsen heute aber bereits beinahe im gleichen Ausmass wie in der Pandemie nachgelassen. Das zeigt der Vergleich mit den Rezessionen in den letzten zwanzig Jahren:
Wie sich das aktuelle Börsenumfeld weiter entwickeln wird, hängt unter anderem von der Zinspolitik der Zentralbanken, Europas Energiekrise und der geopolitischen Lage in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg ab.
Kein Auffangnetz der Notenbanken
Anders als in den letzten Jahren können die Notenbanken den Anlegern jetzt nicht mehr entlastend zu Hilfe eilen. Besonders die US-amerikanische Fed federte in den vergangenen Jahren mit ausserordentlicher Liquidität Verlustphasen in den Finanzmärkten ab. Auf diese Liquiditätsflut folgt nun die Ebbe, und es zeigt sich, wer mit Badehose und wer nackt in den verbleibenden Pfützen steht. Für die Kursentwicklung rücken somit wieder Fundamentaldaten von Unternehmen in den Vordergrund, was zu grösseren Unterschieden bei der Bewertung und Performance von Unternehmen führen dürfte. Für die Anleger bedeutet dies, dass umsichtige Wahl der Anlagen und aktives Management wieder wichtiger werden.
Melanie Rama, Senior Economist
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