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Blog für institutionelle Anleger Baloise Pensionskasse trotzt der Corona-Pandemie

Corona-Pandemie und Pensionskasse

Asset Management 26. November 2020
Interview mit Pierre Boithiot, Geschäftsführer der Vorsorgestiftung von Baloise.
Corona-Pandemie und Pensionskasse
Wie hat sich die Corona-Pandemie bis jetzt auf die Pensionskasse (PK) von Baloise ausgewirkt?

Finanziell waren die Auswirkungen geringfügig. Die Märkte sind im Frühling zwar stark eingebrochen, haben sich aber auch sehr schnell wieder erholt. Per Ende September liegt unsere PK mit einem Deckungsgrad von etwa 109% zwar nicht auf dem Stand von Anfang Jahr, aber höher als Ende 2018. Was allerdings stark zugenommen hat, ist einerseits die Unsicherheit an den Finanzmärkten und andererseits die Wahrscheinlichkeit, dass das Zinsniveau mittel- bis längerfristig weiterhin tief bleiben wird.

Die erste Pandemie-Welle im Frühjahr hatte zudem keinen Einfluss auf die Struktur unserer PK. So konnten wir insbesondere keine Übersterblichkeit feststellen. Da es für uns schwierig ist, zu sagen, ob eine Person an Covid-19 gestorben ist, lohnt es sich, die Sterblichkeit im Jahr 2020 gesamthaft zu betrachten. Die Anzahl aller Todesfälle – unabhängig von der Todesursache – zeigt, dass per Ende September in der Schweiz im Jahr 2020 einerseits weniger Leute gestorben sind als erwartet und anderseits nicht markant mehr Personen gestorben sind als in einem «normalen» Jahr! Das spiegelt sich bei unserer Pensionskasse (PK) wider: Es sind nicht mehr Rentner gestorben als sonst.

Grösste Herausforderung
Was ist aktuell die grösste Herausforderung für Ihre Pensionskasse und wie begegnen Sie ihr?

Das Tiefzinsumfeld macht allen PKs stark zu schaffen. Es ist heute sehr schwierig, den notwendigen Ertrag mit einem angemessenen Risiko zu erwirtschaften. Sorgen bereitet, dass sich diese Marktlage wegen der Corona-Pandemie jetzt noch verstärkt und verlängert: Wie bereits erwähnt, dürfte sich bis auf Weiteres an den historischen Tiefstzinsen leider kaum etwas ändern.

Die PK von Baloise zählt mit ca. 5’000 Versicherten und einem Vermögen von CHF 2.5 Mia. zu den soliden mittelgrossen Schweizer Kassen. Sie ist auf Seite der Versicherten stark durchmischt, der Rentneranteil beträgt rund 50% der Vorsorgekapitalien. Zu unserem Glück ist der überobligatorische Anteil hoch, d.h. es wird sehr viel mehr Altersguthaben angespart als vom Gesetz (BVG) verlangt wird. Dies eröffnet Spielraum, um der aktuell schwierigen Marktsituation zu begegnen. Wir wählen die Parameter so, dass einerseits unsere Kasse den Turbulenzen standhält und anderseits die Leistungen für die Versicherten optimal ausgerichtet sind.

  • So können wir einen realistischen Umwandlungssatz festlegen. Dieser liegt aktuell im Alter 65 bei 4.7%. Eine Kasse, die nur das BVG-Minimum versichert, hat hier kaum Handlungsmöglichkeiten und muss den BVG-Mindestumwandlungssatz von 6.8% finanzieren.
  • Bei der Berechnung des Deckungskapitals der Rentner wenden wir einen tiefen technischen Zinssatz von 1.25% an und benutzen Generationensterbetafeln, um der Langlebigkeit Rechnung zu tragen.
Pensionskasse fit halten
Wie kann sich heute eine einzelne PK fit halten?

Für jede Kasse ist es sinnvoll, regelmässig eine Analyse des Asset Liability Managements durchzuführen, eine sogenannte ALM-Studie. Als Resultat davon zeigt sich, ob die Anlagestrategie den aktuellen Erfordernissen bzw. den Leistungsversprechen genügt oder ob Handlungsbedarf besteht. Wir führen diese Analyse zusammen mit dem Asset Management jährlich durch und haben dadurch die Gewähr, dass wir über eine massgeschneiderte Anlagestrategie verfügen.

Weiter gilt es, die Parameter in der Vermögensverwaltung mit Umsicht festzulegen. Dies betrifft z.B. den technischen Zinssatz und den Umwandlungssatz, welche einen direkten Einfluss auf die zu erwirtschaftende Rendite haben. Konjunkturell schwierige Zeiten wirken sich natürlich auch auf die Pensionskassen aus, z.B. indem die Zahl der aktive Versicherten abnimmt und der Rentneranteil steigt. Für Pensionskassen von stark konjunkturabhängigen Unternehmen sind die Folgen der Coronakrise weitreichender. Eine Veränderung der Mitglieder-Struktur muss daher zwingend zu einer kritischen Überprüfung der Vermögensanlage und Strategie führen.

Neue Wege gehen
Gehen Sie bei der Anlagestrategie angesichts des Tiefzinsumfelds neue Wege?

Die tiefen Zinsen sind nicht von gestern auf heute gekommen. Mit kurzen Gegenbewegungen sinken die Zinsen schon seit Jahrzehnten und seit mittlerweile über fünf Jahren kennen wir, zumindest in der Schweiz, negative Zinsen. Wir haben daher auch schon vor mehreren Jahren damit begonnen, die Obligationenquote zu reduzieren. Auf der Gegenseite haben wir unsere Immobilien- und Hypothekenportfolios ständig leicht ausgebaut, wobei man auch da an Grenzen stösst, wenn man einer ausgewogenen und gut diversifizierten Anlagestrategie Rechnung tragen will. Schlussendlich versuchen wir bei den Alternativen Anlagen das Potenzial auszuschöpfen, wobei bei diesen Investitionen häufig eine höhere Rendite zulasten einer geringeren Liquidität der Anlagen geht. Neben Private Equity sind wir auch seit mehreren Jahren in Senior Secured Loans investiert. Mit dem Baloise Senior Secured Loan Fund steht uns da ein erfolgreicher hauseigener Anlagefonds zur Verfügung. Zudem investieren wir in Infrastrukturanlagen.

Der Ertrag ist wichtig und die Anlagestrategie muss so gewählt werden, dass damit langfristig mindestens die Sollrendite erreicht werden kann. Ebenso wichtig ist aber eine möglichst breite Diversifikation, um die Risiken im Griff zu halten, denn die nächste Krise wird kommen. Wir wissen aber nicht, wann sie kommt und welche Regionen, Länder, Branchen oder Sektoren sie betreffen wird. Trotzdem müssen wir darauf vorbereitet sein.

Reform 2. Säule
Sie können mit einem Zauberstab die 2. Säule reformieren. An welchen Stellschrauben drehen Sie?

Die Ausgangslage ist je nach Kasse unterschiedlich: BVG-Minimum-Pensionskassen haben kaum Handlungsmöglichkeiten. Umhüllende Pensionskassen, die mehr als nur die gesetzlichen Minimalleistungen nach BVG versichern, haben insbesondere beim Umwandlungssatz einen grösseren Handlungsspielraum. Um die Nachhaltigkeit der BVG-Minimum-Pensionskassen zu gewährleisten, ist eine Senkung des gesetzlichen BVG-Umwandlungssatzes – mit Abfederungsmassnahmen, um sinkende Renten zu vermeiden – unumgänglich.

Erst wenn dieser Schritt erfolgt ist, die BVG-Minimum-Pensionskassen nachhaltig auf gesunden Beinen stehen und die heutigen Leistungen langfristig gewahrt sind, können meines Erachtens Leistungsverbesserungen angegangen werden. Nur wenn der Fokus klar auf der nachhaltigen Finanzierung der heutigen Leistungen bei Minimum-Pensionskassen gelegt wird, lohnt sich überhaupt eine Reform.

Mit einem Zauberstab würde ich den Politikern diese Nachhaltigkeit ins Zentrum ihrer Überlegungen setzen. Im Übrigen haben umhüllende Pensionskassen in der Praxis ihre Umwandlungssätze bereits deutlich gesenkt und somit aufgezeigt, wie es funktionieren kann.

Zudem würde ich von der Einführung des Umlageverfahrens in der 2. Säule, wie es jetzt in der Reform geplant ist, unbedingt absehen. Es ist äusserst sinnvoll, in der 2. Säule am Kapitaldeckungsverfahren festzuhalten. Das heisst, jeder Versicherte spart für sich selber. Dies als Ergänzung zur AHV, wo das Umlageverfahren (die Aktiven finanzieren die Rentner) gilt.

Was könnte der Gesetzgeber diesbezüglich beitragen?

Es wäre sinnvoll, den Umwandlungssatz zu entpolitisieren. Früher war der Umwandlungssatz nicht im Gesetz festgeschrieben, heute streitet das Parlament darüber. Aus meiner Sicht ist dies wenig zweckdienlich. Aktuell spielen bei der Reform der 2. Säule politische und ideologische Überlegungen eine zu grosse Rolle, die Sachebene kommt zu kurz. Dies auf Kosten letztendlich von uns allen: Die meisten Arbeitnehmenden sind auf solide Leistungen aus der 2. Säule angewiesen. Diese können jedoch nur mit umsichtigen Reformschritten gewährleistet werden. 

Sinkende Renten
Die Rentenleistungen sinken. Was raten Sie den Versicherten?

Im Grunde hat sich das Konstrukt der Pensionskassen bewährt. Die ausbezahlten Leistungen waren bisher höher als ursprünglich angepeilt. Aber in Zukunft kommen wir nicht um tiefere Umwandlungssätze herum.

Ein wichtiger Grund für die tieferen Umwandlungssätze ist übrigens erfreulich: Wir leben länger! Daher mein Rat an alle Versicherten: Beginnen Sie rechtzeitig zu sparen!

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